Überall ist Weihnachten ... ganz anders

„Weihnachten? Natürlich wissen wir, wie man Weihnachten feiert!“ Diese Antwort bekomme ich eigentlich in jeder Klasse zu hören. Dreißig Experten für das Fest der Feste. Hakt man aber genauer nach und fragt, wie alt unsere Bräuche sind, woher sie kommen und ob der Freund aus Italien und die Freundin aus Russland genauso feiern, kommen alle ein wenig ins Grübeln.

Die Verwirrung beginnt schon bei den Wunschzetteln. Die kann man nämlich an sieben offizielle Weihnachtspostämter senden: Nach Himmelpfort, Himmelpforten, Himmelstadt, Himmelsthür, Engelskirchen, Nikolausdorf oder St. Nikolaus. Und ob Ihr es glaubt oder nicht, man bekommt sogar eine Antwort. Die kommt allerdings mal vom Nikolaus und mal vom Christkind. Ist das nicht verwirrend? Je nach Region ist jemand anderes für die Geschenke zuständig. Und es gibt Länder, in denen ist Weihnachten noch nicht einmal am 24. Dezember. Wie kann das sein?

Väterchen Frost

So feiert man in Russland Weihnachten erst im neuen Jahr. Die russisch-orthodoxe Kirche richtet sich noch nach dem alten julianischen Kalender. Und der hatte im Jahr der Umstellung auf den allgemein anerkannten gregorianischen Kalender (1918) schon dreizehn Tage Vorsprung. Unser erster Weihnachtsfeiertag fällt demnach in Russland auf den 7. Januar. Dort heißt es dann „Wesjolowo Roschdestwa". Und die Geschenke bringt „Djed Moros", Väterchen Frost.

Küsse unterm Mistelzweig

In England schicken die Lehrer ihre Schüler mit einem herzlichen „Merry Christmas" in die Weihnachtsferien. Father Christmas rutscht in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember durch die Kamine und füllt sorgsam drapierte Strümpfe mit Geschenken. Beschert wird am nächsten Morgen. Doch für manche ist ein Kuss unter dem Mistelzweig das größte Geschenk.

Die verspätete Weihnachtshexe

Die Italiener haben eine ganz besondere Tradition. Wenn sie sich „Buone Feste Natalizie" wünschen, kommen weder Weihnachtsmann noch Nikolaus. Vielmehr bringt die Hexe Befana die Geschenke am 6. Januar, unserem Dreikönigsfest. Die Dreikönigshexe kam zu spät bei der Suche nach dem Jesuskind und irrt deshalb noch immer suchend durch die Welt. Sie klopft an jedem Haus und bringt ihre Gaben mit, für den Fall, dass sie irgendwo den kleinen Jesus findet.

Die längste Weihnachtsparty

„Feliz Navidad" wünschen sich die Spanierinnen und Spanier. Sie feiern zwölf Tage lang. Auch dort findet das größte Fest am 6. Januar statt. Dann gibt es viele Umzüge. Doch einen Weihnachtsmann kennen sie nicht. Stattdessen veranstalten sie eine Art Tombola. Sie ziehen Lose aus der „Urne des Schicksals" und manchmal ist auch eine Niete dabei.

Wer hat das Christkind erfunden?

In Österreich, „na klar, da kommt genau wie in Deutschland das Christkind", hat mir eine Schülerin zugeflüstert. So klar ist das gar nicht. Aber wer macht sich schon Gedanken darüber, seit wann das Christkind überhaupt die Geschenke bringt? Das ist nämlich eine Erfindung von Martin Luther. Der Reformator hat 1535 beschlossen, dass nicht der heilige Nikolaus aus dem türkischen Myra, sondern der Heilige Christ den Menschen die guten Gaben bringt. Und damit wurde der Geschenktag vom 6. Dezember auf die Nacht vom 24. zum 25. verlegt, dem Geburtstag des Christkinds. Rein rechnerisch war der allerdings im Januar. Geschickt wurde er jedoch auf das Datum des heidnischen Sonnenwendfestes verschoben. Unser Weihnachtsdatum ist also mehr symbolisch zu verstehen. In eher weltlich orientierten Gegenden hat der Weihnachtsmann das Christkind ersetzt. Martin Luther zum Trotz besteht der Brauch des Nikolaus bis heute fort.

Hirtenspiele unterm Tannenbaum

Aus geschichtlichen Gründen haben sich auch in Ungarn die Bräuche an Weihnachten ähnlich wie in Österreich entwickelt. „Kellemes karacsonyi ünnepeket" heißt „Frohe Weihnachten". Aber eine Besonderheit gibt es doch: In Ungarn führt man Hirtenspiele - so genannte pastorales - auf, bei denen die Weihnachtsgeschichte im Mittelpunkt steht. Die drei Weisen aus dem Morgenland sind dort keine Könige, sondern einfache Schäfer, die dem Morgenstern nach Bethlehem folgen.

Der unverhoffte Gast

„Wesolych Swiat" heißt es in Polen, wo sich ebenfalls alte Traditionen erhalten haben. Unseren Nachbarn im Osten sind vor allem die Weihnachtsgottesdienste und das Fest in der Familie wichtig. Am 24. wird den Tag über gefastet. Abends trifft sich dann die gesamte Familie zum Weihnachtsessen. Dazu werden Oblaten geteilt als Symbol dafür, dass die Familie auch das Leben miteinander teilen möchte. Anschließend gibt es traditionell Suppe und Fisch. Und immer steht ein Gedeck mehr auf dem Tisch, falls ein unverhoffter Gast an die Tür klopft.

Der süße Holzklotz

„Joyeux Noel" sagen unsere Nachbarn im Westen. Sie haben sich früher bereits am 6. Dezember beschenkt. Doch auch in Frankreich wurde Saint Nicolas nach und nach abgelöst von einem verweltlichten Père Noel. Pünktlich am 24. stopft der Weihnachtsmann seine Gaben in die Schuhe. Eine besondere süße Spezialität ist die Bûche de Noël, das Weihnachtsholzscheit. Die gefüllte Biskuitrolle steht für das Julscheit - Jul war das heidnische Winterfest der Germanen. Sie entzündeten Holz und verteilten die Asche auf dem Acker, um ihn fruchtbar zu machen.

Forelle in Freiheit

Diese Tradition ist übrigens auch in Tschechien und der Slowakei bekannt. Dort wünscht man sich an Weihnachten „Vesele vänoce". Und für den 24. Dezember gibt es einen besonders schönen Brauch. An diesem Tag gehen Eltern mit ihren Kindern an die Moldau und entlassen einen kleinen Karpfen wieder zurück in die Freiheit.

Vanessa Dippel

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