Leseproben

Sonntag, 8. April 2007

Roter Blitz von Astrid Frank

17781
Leseprobe

„Weit abgeschlagen Phar Lap. Es sieht nicht so aus, als ob der große Fuchs hier und heute sein Rennen machen könnte, meine Damen und Herren. Das australische Wunderpferd bildet beim Agua Caliente das Schlusslicht.“
„Verdammt!“, zischte Mr Davis und schleuderte seinen Hut auf den Boden. Er hatte es sich bereits so schön ausgemalt: Jedes Rennen in Amerika wollte er mit Phar Lap gewinnen und dann, wenn hier nichts mehr zu holen war, kam England dran. Und anschließend die ganze Welt. Aber jetzt war er von dieser Zukunftsvision so weit entfernt wie vom Mond, auf den ebenfalls niemals ein Mensch seinen Fuß setzen würde.
„Reveille Boy sieht sehr gut aus, Ladies and Gentlemen. Er führt das Feld an. Aber auch Bahamas macht ein gutes Rennen. Ebenso Dr Freeland und Joe Flores. Die Pferde gehen jetzt auf die zweite Runde zu.“
Der Besitzer von Reveille Boy, der schräg hinter Mr Davis saß, lächelte zufrieden.
„Phar Lap läuft sehr langsam. Er scheint in keiner guten Verfassung zu sein. Reveille Boy nach wie vor auf Platz eins. Spanish Play auf Platz drei. Nur noch eine dreiviertel Meile, meine Damen und Herren, dann ist das Rennen entschieden. Der Australier jedoch konnte sich heute nicht profilieren. Er wurde den Erwartungen, die man hier in ihn gesetzt hatte, nicht im Mindesten gerecht. Doch was ist das? Phar Lap schließt auf! Er greift außen an! Geht an Cabezo vorbei ... Nur noch eine halbe Meile bis zum Ziel – das ist nicht mehr zu schaffen. Oder doch? Phar Lap überholt Dr Freeland, der eingebrochen zu sein schein. Wie ein Expresszug arbeitet sich der mächtige Fuchs vor, macht Platz um Platz gut. Jetzt überholt er Bahamas. Oh ... Spanish Play fällt zurück ... Phar Lap jetzt auch noch vorbei an Seth’s Hope ... Wer hätte das gedacht, meine Damen und Herren ...“
Die Zuschauer hatten sich von ihren Plätzen erhoben und verfolgten ungläubig, wie Phar Lap sich vom letzten Platz vor arbeitete. Keiner von ihnen hatte jemals ein Pferd so rennen gesehen. Der Rote Blitz schien regelrecht zu fliegen.
„Da kommt Phar Lap. Inzwischen an dritter Position hinter Reveille Boy und Scimitar. Dr Freeland und Spanish Play weit abgeschlagen. Reveille Boy und Phar Lap. Wird sich zwischen diesen beiden das Rennen entscheiden?“
Während Mr Davis seinen Hut wieder aufgehoben hatte und ihn abklopfte, wurde das Gesicht von Reveille Boys Eigentümer zusehends frostiger.

Billy schnalzte mit der Zunge und ließ Phar Lap noch mehr Zügelfreiheit. Der Rote Blitz schnaufte, seine Nüstern öffneten und schlossen sich wie kleine Blasebalge, seine Muskeln verlangten nach Sauerstoff. Das Pferd spürte den Schmerz in seinem Huf, aber da war noch ein anderes Pferd vor ihm. Und er wusste, was Billy von ihm verlangte. Er wusste, was Tommy von ihm erwartete. Und er wollte alles tun, um seinen Freund zufrieden zu stellen. Er wollte, dass Tommy seine Arme um seinen Hals legte und ihm liebevolle Worte ins Ohr flüsterte. Er wollte Zuckerstücke und Streicheleinheiten. Und dazu musste er dieses eine Pferd noch überholen. Auch wenn sein Huf schmerzte. Das spielte keine Rolle. Nichts spielte eine Rolle, wenn es darum ging, zu gewinnen, der Schnellste zu sein. Er musste der Schnellste sein, damit Tommy mit ihm zufrieden war.
Billy schnalzte ein zweites Mal und Phar Lap schoss davon. Jetzt erst lief er tatsächlich so schnell er konnte.
Wholey, der junge Jockey auf Reveille Boys Rücken, hörte das leise Schnalzen. Doch kaum hatte er begriffen, was geschah, war Phar Lap schon an ihm vorbei.

„Da kommt Phar Lap! Phar Lap führt das Feld an! Doch was ist das? Der Favorit scheint Schwierigkeiten zu haben ... Eben noch schien ihn nichts aufhalten zu können und nun verliert er wieder an Geschwindigkeit. Reveille Boy kann Boden gut machen ...“
Tommy horchte auf. Bobby verlor an Geschwindigkeit? Das konnte nur eins bedeuten: Der Huf machte ihm Schwierigkeiten. Angstvoll hielt er seinen Blick auf Phar Lap gerichtet. Doch das Pferd war zu weit weg, um etwas erkennen zu können.
„Reveille Boy und Phar Lap Kopf an Kopf! Wer von den beiden wird sich hier durchsetzen? Reveille Boy lässt nach. Phar Lap zieht an ihm vorbei. Der große Phar Lap führt mit zwei Längen! Und da ist er! Phar Lap ist im Ziel!“
Das Publikum tobte und applaudierte. Es war das gleiche Szenario wie in Melbourne. Auch hier hatte der Fuchs mit seiner außergewöhnlichen Aufholjagd die Herzen der Zuschauer für sich gewonnen.
Doch während Mr Davis die Gratulationen entgegennahm und der Besitzer von Reveille Boy seinen Ärger hinunterzuschlucken versuchte, hatte Tommy nur ein Ziel: Er wollte zu Bobby. Er wollte wissen, was geschehen war. Warum hatte Bobby an Geschwindigkeit verloren? Was war mit seinem Huf? War er ernsthaft verletzt? Der junge Mann wusste besser als jeder andere, dass es schlimm um Bobby stehen musste, wenn er bei einem Rennen beinahe aufgab!

Biss zur Mittagsstunde von Stephenie Meyer

bissLeseprobe
Ich war mir zu neunundneunzig Komma neun Prozent sicher, dass es ein Traum war. Erstens stand ich in einem hellen Sonnenstrahl - so ein gleißendes Sonnenlicht gab es in meiner nieseligen neuen Heimat Fords, Washington, einfach nicht -, und zweitens sah ich meine Oma Marie. Sie war schon seit sechs Jahren tot, ein schlagendes Argument dafür, dass es sich um einen Traum handelte. Oma hatte sich kaum verändert; ihr Gesicht sah genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte. Die Haut war weich und runzelig, mit tausend Fältchen, die sich sanft um die Wangenknochen schmiegten. Wie eine getrocknete Aprikose, die von einem wolkengleichen Büschel dicker weißer Haare umgeben war. Unsere Münder - ihrer klein und knittrig - verzogen sich im selben Moment zu derselben überraschten Andeutung eines Lächelns. Offenbar hatte auch sie nicht damit gerechnet, mich zu sehen. Ich wollte sie gerade etwas fragen; ich hatte so viele Fragen: Was machte sie hier in meinem Traum? Was hatte sie die letzten sechs Jahre getan? Ging es Opa gut und hatten sie einander dort, wo sie jetzt waren, gefunden? Doch sie öffnete den Mund im selben Moment wie ich, also hielt ich inne, um sie zuerst reden zu lassen. Auch sie stockte und dann lächelten wir beide über die kleine Ungeschicklichkeit. »Bella?« Das war nicht die Stimme meiner Oma, und wir drehten uns beide um. Ich brauchte nicht hinzuschauen, um zu wissen, wer da zu uns gestoßen war; diese Stimme würde ich überall erkennen - würde sie erkennen und ihr antworten, ob ich wach war oder schlief [...] selbst wenn ich tot wäre, garantiert. Die Stimme, für die ich durchs Feuer gehen oder, weniger dramatisch, für die ich tagtäglich durch den kalten, niemals endenden Regen waten würde.
Edward. Obwohl ich mich immer wahnsinnig freute, ihn zu sehen - ob ich wach war oder nicht -, und obwohl ich mir fast sicher war zu träumen, geriet ich in Panik, als Edward durch das grelle Sonnenlicht auf uns zukam. In Panik geriet ich deshalb, weil Oma nicht wusste, dass ich einen Vampir liebte - niemand wusste davon -, wie also sollte ich den Umstand erklären, dass die leuchtenden Sonnenstrahlen auf seiner Haut in tausend Regenbogenscherben zersplitterten, als wäre er ein Kristall oder ein Diamant? Oma, vielleicht ist dir aufgefallen, dass mein Freund glitzert. Das ist bei ihm immer so in der Sonne. Mach dir deswegen keine Gedanke ... Was machte er hier bloß? Der einzige Grund dafür, dass er in Forks, der verregnetsten Stadt der Welt lebte, war der, dass er sich dort im Freien aufhalten konnte, ohne das Geheimnis seiner Familie preiszugeben. Doch jetzt war er hier und kam anmutig auf mich zugeschlendert - mit diesem wunderschönen Lächeln auf seinem Engelsgesicht -, so als wären wir allein.
In diesem Moment wäre ich sehr gern nicht die Einzige gewesen, bei der seine geheimnisvolle Gabe nicht wirkte, während ich normalerweise dankbar dafür war, dass er meine Gedanken nicht hören konnte, als würde ich sie laut aussprechen. Doch jetzt wäre es mir sehr lieb gewesen, wenn er die Warnung hören könnte, die ich ihm in Gedanken zuschrie. Ich schaute panisch zu Oma und sah, dass es zu spät war. Sie drehte sich gerade um und starrte mich an, und sie sah genauso erschrocken aus wie ich. Edward, der immer noch so schön lächelte, dass mir das Herz in der Brust zu zerspringen schien, legte mir den Arm um die Schultern und wandte sich zu meiner Großmutter. Ich wunderte mich darüber, wie Oma guckte. Sie sah gar nicht entsetzt aus, stattdessen schaute sie mich verlegen an, als ob sie darauf wartete, dass ich sie ausschimpfte. Und sie stand ganz merkwürdig da - sie hielt einen Arm gebeugt in die Luft. Als würde sie jemandem, den ich nicht sehen konnte, ihren Arm umlegen, jemand Unsichtbarem [...]
Erst jetzt, als ich das Gesamtbild erfasste, fiel mir der riesige Goldrahmen auf, der die Gestalt meiner Großmutter umgab. Immer noch verständnislos, hob ich die Hand, die nicht um Edwards Mitte lag, um Oma zu berühren. Sie ahmte die Bewegung exakt nach, wie ein Spiegelbild. Doch dort, wo unsere Finger sich hätten berühren müssen, war nur kaltes Glas [...]
Mit einem Mal wurde der Traum zu einem Albtraum. Das war nicht meine Oma. Das war ich. Ich im Spiegel. Ich - uralt, welk und faltig. Edward stand neben mir, er hatte kein Spiegelbild, war quälend schön und für immer siebzehn. Er drückte seine eiskalten, perfekten Lippen an meine runzlige Wange. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, flüsterte er.

Schule life

IMG_0182

Aktuelle Beiträge

Von Müllvollziehern und...
Die Nachwuchs-Truppe des Schülerverlags hat in der...
vdippel - 4. Mär, 15:11
Merksätze für die Rechtschreibung
Die Klasse 5a trainiert gerade Rechtschreibung. Bei...
vdippel - 8. Feb, 11:54
Und den Weihnachtsmann...
von Timothy Heinle Und da lag es plötzlich, das schwarz...
vdippel - 8. Jan, 22:18
Impressum
mail[at]vanessa-dippel.de Trotz sorgfältiger inhaltlicher...
vdippel - 8. Jan, 12:02
Taktvoll in Szene gesetzt
Wie eng Musik und Theater miteinander verbunden sind,...
vdippel - 1. Apr, 17:51
Anregungen für freie...
Hier findet Ihr einige Übungen, mit deren Hilfe Ihr...
vdippel - 17. Mär, 09:35
Wie wird man ein Pianist?
von Britta Uhlig, Klasse 7b Klavier spielen ist für...
vdippel - 4. Mär, 20:12
Lob an die Faulheit
Von Jenny Schmidt, Klasse 7c Es war eines Tages Ein...
vdippel - 15. Feb, 14:52
Lieblingsfach Geschichtenschreiben
Am Gymnasium Nidda kann man das Handwerk des Schreibens...
vdippel - 12. Feb, 18:32
Bilder Maskenprojekt
Link Maskenprojekt
vdippel - 27. Nov, 10:30
Praktikumsbericht
Formatvorlage für die Klasse 9d Praktikumsbericht_neu.. .
vdippel - 17. Nov, 10:28
Kulturfestival am Gymnasium...
Für die letzte Schulwoche des laufenden...
vdippel - 17. Okt, 19:15
Wir gestalten unseren...
Na, Langeweile im Urlaub? Papa fotografiert ständig...
vdippel - 9. Jul, 09:37
Schöne Ferien :o)
Leni und ich wünschen Euch erholsame Ferien und dass...
vdippel - 2. Jul, 18:35
Schülerverlag
Der Schülerverlag ist ab sofort auf der Seite www.discipuli-verlag.de...
vdippel - 20. Jun, 13:59

Suche

 

Credits

Status

Online seit 6255 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 1. Okt, 18:42

User Status

Du bist nicht angemeldet.