Auf der Suche nach einer neuen Sprache
Wie kommt man in poetischen Texten zu ausdrucksstarken Wörtern, wie übt man sich in neuen, überraschenden Wortverbindungen, die abseits unserer Alltagslogik „poetische Räume“ eröffnen und uns zeigen, dass Sprache noch mehr kann, als Informationen zu transportieren?
Diese Frage haben wir uns (UE Schreibkompetenz, Klasse 9) gestellt, nachdem wir Lyrik von Paul Celan, aber auch den Songtext „Morgenrot“ von Herbert Grönemeyer unter die Lupe genommen hatten.
Um unser Schreiben, das immer wieder nach logischen Begriffen und Wortverbindungen sucht, von dieser Ebene zu lösen, notierte jeder ein Wort auf einem Zettel. Dann machten wir einen kleinen Spaziergang durch die Stadt und hefteten diese Wörter spielerisch an irgendwelche Gegenstände. Wichtig war, dass man bei der Kombination von Gegenstand – beispielsweise eine Mülltonne – und dem angehefteten Wort – beispielsweise „romantisch“ – nicht zu logisch vorging. Die neuen Wortpaare hielten wir anschließend mit dem Fotoapparat fest.
Wir fanden Kombinationen wie Baum-Auto, Parkplatz-Puppe, postapokalyptische Stadtkirche, sexy Asphalt, Gulli-Träne, Leid-Gericht, Teufels-Bank oder auch Schreckens-Blümchen.
Natürlich sind das noch keine Wörter, mit denen man großartige Literatur schaffen könnte, aber der Kopf gewöhnt sich mit der Übung daran, in kreativen Bahnen zu denken, die man in der schulischen Lernumgebung oft unterdrückt.
In der nächsten Sitzung wollen wir aus den neuen Wörtern Haikus schreiben. Das Ergebnis findet Ihr dann ebenfalls an dieser Stelle.
Hier die versprochenen Haikus aus dem Unterricht:
Dicke Schminke auf
Viel zu jungem Mädchengesicht
Einsame Parkplatz-Puppe
Ein schwarzer Panther
Gefahr, wenn ich näher komme
Geschmeidige Mauer
Endloser Regen
Tausend Tropfen fallen vom Himmel
Verschwinden im Tränen-Gulli
vdippel - 26. Apr, 19:32